Heilsgewissheit ist nicht dasselbe wie Glaube, aber sie sind eng miteinander verbunden.
Heilsgewissheit ist nicht dasselbe wie Glaube, aber sie sind eng miteinander verbunden. Sie wächst organisch aus dem Glauben hervor, wie eine Pflanze aus einem Samen oder eine Blume aus einem Setzling. Sie bezeugt also die aktuelle Glaubenssituation im Leben eines Gläubigen. Ein schwacher Glaube führt in der Regel zu einer schwachen Heilsgewissheit, ein starker Glaube hingegen zu einer starken.
Im Westminster-Bekenntnis steht zum Thema „unfehlbarer Gewissheit“, „dass ein wahrer Gläubiger lange warten müsste und mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hätte, ehe er an ihr teilhaben kann“ (18.3). Die Beziehung zwischen Glauben und Gewissheit festigt sich in der Regel jedoch mit der Zeit und wächst „in vielen bis zur Entfaltung einer vollen Gewissheit durch Christus“ (14.3). Der Same des Glaubens wird sich oft zum Baum der vollen Gewissheit entwickeln. Zu Beginn bringt der Glaube vielleicht nur das Dreißigfache an Frucht hervor, doch wenn der Geist die richtige geistliche Nahrung liefert und segnet, wird der Glaube oft das Hundertfache hervorbringen (vgl. Mt 18,3).
Die Gnade wächst normalerweise mit dem Alter, und wenn der Glaube zunimmt, nehmen auch andere Gnadengaben zu. Richard Sibbes stellte fest, dass junge Gläubige oft einen großen Eifer an den Tag legen, ältere Gläubige hingegen „stärker, stabiler und nüchterner“ sind. Thomas Brooks schrieb: „Heilsgewissheit ist eine Speise für ausgewachsene Männer; sie ist nur für einige wenige Säuglinge, wenn überhaupt, bekömmlich und verdaulich.“ Charles Spurgeon sagte, dass manche Gläubige einen großen Fehler begehen, wenn sie „im Frühling reife Früchte an einem Baum erwarten. Und weil diese Jahreszeit nichts als Blüten hervorbringt, schließen sie, dass der Baum keine Früchte bringen kann“. Diese falsche Denkweise kann ein stagnierendes Glaubensleben mit sich ziehen und der Seele Schaden zufügen. Obwohl sie nach Glaubensgewissheit streben sollten, müssen sie – wie auch die reifen Gläubigen um sie herum – bedenken, dass es sehr ungewöhnlich wäre, bei ihnen jetzt schon ein hohes Maß an reifer Gewissheit zu sehen. Vor allem, weil sie nur Kinder in der Gnade sind, die gerade erst gelernt haben, im Glauben und nicht im Schauen zu wandeln (vgl. Joh 9,25).
Alter und Erfahrung sind jedoch keine Garantie für Heilsgewissheit, und es ist auch nicht unmöglich, dass Gott gleichzeitig Glauben und volle Gewissheit in uns pflanzt. Spurgeon sprach einerseits von Geistlichen und Märtyrern, die bis zum Ende ihres Lebens keine volle Heilsgewissheit hatten. Andererseits gab es Neubekehrte, „die so überzeugt von ihrem Glauben an Christus waren, als wären sie bereits 70 Jahre Seite an Seite mit ihm durchs Leben gegangen“. Wie bei der Bekehrung bleibt Gott auch bei der Verteilung der Gewissheit souverän. Anthony Burgess sagte dazu, dass es jedoch ganz normal sei, wenn sie sich „nach und nach entwickelt“, sodass die Zweifel des Gläubigen an seiner eigenen Errettung im Allgemeinen abnehmen, wenn er in der Gnade wächst (vgl. 2.Petr 1,5-10).
Und wie George Downame abschließend feststellte, kann selbst der sicherste Christ noch in seiner Heilsgewissheit wachsen: „Keiner ist so vollkommen, dass seine Gewissheit nicht noch zunehmen könnte.“ Der Gläubige ist ein Leben lang dazu aufgerufen, die Mittel der Gnade fleißig zu nutzen, um ein immer größeres Maß an Gewissheit seines Heils zu erlangen.
Auszug aus
Growing from Grace
Von Joel Beeke