Praktische Hilfe fürs Bibellesen


Du bist damit nicht allein.

Das Wichtigste gleich vorweg: Wenn wir erfolgreich versuchen wollen, die Bibel zu lesen, müssen wir uns selbst disziplinieren. Viele Menschen hatten schon gute Vorsätze, die Bibel zu lesen, haben es aber letztlich aufgegeben. Wir brauchen Gottes Gnade, wenn wir beim Bibellesen Fortschritte machen wollen, und ganz sicher brauchen wir sie, wenn uns das Lesen von Nutzen sein soll. Das Bibellesen ist kein Ziel an sich, sondern das Ziel ist die Gemeinschaft mit Gott. Wenn dich das Bibellesen nicht in die Gemeinschaft mit Gott bringt, dann ist es ein Misserfolg. Das Ziel ist die Gemeinschaft, nicht das Abarbeiten einer Checkliste der gelesenen Stellen. Es bedarf der Gnade Gottes, um die Bibel wirklich mit Gewinn zu lesen. Andererseits ist aber auch die Bibel selbst ein Kanal der Gnade! Sie ist ein gesegnetes Kreislaufsystem. Man braucht Gnade, um das Wort zu lesen, aber die Gnade kommt durch das Wort. Beschäftige dich also mit dem Wort!

Die Gnade ist das Allerwichtigste, aber es gibt einige sehr praktische Dinge, die dir helfen können, regelmäßig und mit Gewinn in der Bibel zu lesen:

Lege eine Zeit fest

Das Erste und Wichtigste ist, sich auf eine Zeit festzulegen. Es gibt so viele Dinge, die wir tun müssen, und so Vieles, was wir gerne tun, dass wir nie Zeit zum Bibellesen finden werden, wenn wir nicht sorgfältig planen. Wir müssen also planen. Wir werden nicht in der Bibel lesen, wenn das Bibellesen ganz unten auf unserer Prioritätenliste steht, oder wenn wir vorhaben, es zu tun, nachdem wir alles andere erledigt haben. Denke über deinen Tag nach und suche dir eine bestimmte Zeit zum Bibellesen aus. Lies deine Bibel zu dieser Zeit und lass nicht zu, dass etwas anderes dazwischenkommt.

Finde einen Ort 

Als Zweites solltest du dir einen Ort zum Bibellesen suchen, an dem es keine Ablenkung gibt. Versuch nicht, deine Bibel zu lesen, während du neben deinem Sohn sitzt, der gerade ein Videospiel spielt. Das wird nicht funktionieren; du wirst hoffnungslos abgelenkt sein.

Entwickle einen Plan

Drittens: Erstelle einen Plan. Ein Leseplan hilft dir, eine Übersicht darüber zu bekommen, was du schon gelesen hast und was noch nicht. Wenn du jeden Tag wahllos deine Bibel aufschlägst, wirst du viele Teile der Heiligen Schrift nie lesen. Wenn du keinen Plan hast und dich einfach fragst, was du lesen sollst, wie wahrscheinlich ist es dann, dass du die Klagelieder oder 3. Johannes aufschlagen wirst? Nicht sehr wahrscheinlich. Aber wenn du nicht alle Teile der Bibel liest, dann wirst du nie ein Gefühl für ihre große, übergreifende Geschichte entwickeln. Es gibt viele Bibellesepläne, aber zu Anfang ist ein Plan, der dich innerhalb eines Jahres durch die ganze Bibel führt, eine gute Idee. Ein Plan, bei dem die ganze Bibel durchgelesen wird, stellt sicher, dass du jeden Teil der Schrift liest. Wusstest du, dass du in einem Jahr die ganze Bibel durchlesen kannst, wenn du jeden Tag nur fünfzehn Minuten liest? Ein Tag hat 1.440 Minuten. Wenn du jeden Tag nur fünfzehn dieser Minuten zum Bibellesen verwendest, was etwa ein Prozent deiner Zeit ist, dann kannst du in einem Jahr das ganze Wort Gottes lesen. Plane also deine Bibellese. Du wirst dich nie mehr fragen müssen, was du als nächstes lesen sollst; du wirst immer wissen, was du gelesen hast und was nicht.

Wie man liest

Aber wie sollen wir lesen? Eines der hilfreichsten kleinen Bücher über das Lesen der Heiligen Schrift stammt aus der Feder des Puritaners Richard Greenham (ca. 1535-1594) und trägt den Titel A Profitable Treatise, Containing a Direction for the Reading and Understanding of the Holy Scriptures (dt.: Ein nützliches Traktat, das eine Wegweisung für das Lesen und das Verständnis der Heiligen Schrift gibt). Er bietet uns acht Hilfen für das Lesen der Bibel, die jeweils in einem Wort zusammengefasst werden können:

Fleiß

Beim Lesen der Heiligen Schrift muss man mehr Sorgfalt walten lassen als bei irgendeiner weltlichen Tätigkeit. Wir sollten unsere Bibeln mit mehr Eifer lesen und studieren, als Menschen nach verborgenen Schätzen graben, sagt Greenham. Fleiß macht das Unwegsame klar, macht das Schwierige leicht, macht das Unangenehme schmackhaft.

Weisheit

Bei der Wahl des Themas, der Reihenfolge und des Zeitpunkts muss man Weisheit walten lassen. Obwohl wir, wie wir gesehen haben, die ganze Bibel lesen müssen, ist es nicht klug, den größten Teil unserer Lesezeit auf die schwierigsten Passagen der Schrift zu verwenden. Was die Reihenfolge angeht, so stimmt Greenham zu, dass wir ein System haben sollten, das uns hilft, die ganze Bibel zu lesen, denn nur eine ganze Bibel macht einen ganzen Christen. Zeitlich betrachtet sollte kein Tag vergehen, an dem wir nicht in der Bibel lesen.

Vorbereitung

Eine gute Vorbereitung ist entscheidend. Ohne sie ist die Lektüre der Heiligen Schrift selten gesegnet. Zur Vorbereitung gehören drei Dinge. Erstens müssen wir uns der Schrift mit Ehrfurcht nähern, entschlossen wie Maria, Gottes Wort in unser Herz zu legen (Lk 2,19). Zweitens müssen wir uns der Schrift im Glauben an Christus nähern, indem wir auf ihn als den Messias schauen, der unsere Herzen öffnen kann, so wie er es für die Jünger auf dem Weg nach Emmaus getan hat (Lk 24,27). Drittens müssen wir uns der Schrift mit dem aufrichtigen Wunsch in unserem Herzen nähern, von Gott gelehrt zu werden (Spr 17,16) und mit dem Verlangen, sie eingehend zu studieren. Martin Luther sagte, er studiere die Bibel auf die gleiche Weise, wie er Äpfel sammelt:

„Zuerst schüttle ich den ganzen Baum, damit die reifsten fallen können. Dann schüttle ich jeden Ast und jeden Zweig. Dann schaue ich unter jedes Blatt.“[1]

Nachsinnen

Lies langsam, aufmerksam und nachsinnend. Einige Abschnitte der Heiligen Schrift – zum Beispiel das Buch der Sprüche – müssen besonders langsam gelesen werden, damit man Zeit hat, über jeden Vers nachzusinnen. Es ist besser, fünf Verse aus den Sprüchen mit Nachsinnen und Gebet zu lesen als hundert ohne sie.

Das Nachsinnen über das, was wir in der Bibel lesen, ist entscheidend. Du kannst fleißig lesen, aber das Lesen wird keine Früchte tragen, wenn du nicht innehältst und über das Gelesene nachdenkst und es studierst. Das Lesen mag dir eine gewisse Breite an Wissen vermitteln, aber nur das Nachsinnen und das Studium geben dir Tiefe. Der Unterschied zwischen Lesen und Nachsinnen ist wie der Unterschied zwischen dem sich Treibenlassen und dem Rudern auf ein Ziel zu. Wenn du nur liest, treibst du ziellos umher; wenn du über das Gelesene nachsinnst und betest, hast du Ruder, die dich an dein Ziel bringen.

Gemeinschaft

Greenham nennt das eigentlich „Zusammenkommen“, aber er meint damit, dass man sich mit anderen über das, was man in der Bibel liest, austauschen sollte. Du solltest vor allem mit anderen Gläubigen über die Wahrheiten der Bibel sprechen. Das wird dir helfen, in der Erkenntnis zu wachsen. In Sprüche 27,17 heißt es dazu: „Eisen wird durch Eisen geschärft, und ein Mann schärft das Angesicht seines Nächsten.“

Glaube

Unser Bibellesen muss mit dem Glauben verbunden sein. Der Glaube ist der Schlüssel zu echtem Gewinn aus dem Bibellesen (Hebr 4,2); ohne ihn ist es unmöglich, Gott zu gefallen (Hebr 11,6). „Lesen ohne Glauben ist wie Wandeln in der Finsternis“, sagte Luther. Es ist ein vergebliches Lesen. Durch den Glauben müssen wir, wie Horatius Bonar sagte, „die Bibel nicht nur in uns aufbewahren, sondern sie durch die ganze Struktur der Seele hindurch durchdringen lassen“.[2]

Praxis

Die Frucht des Glaubens muss die Praxis sein; das gelesene Wort muss angewandt werden. Dr. Martyn Lloyd-Jones schrieb: „Es ist gut, das Wort zu studieren, aber nur, um das Wort zu praktizieren und zu erleben.“[3]

Wir müssen das Wort mit dem Ziel lesen, ihm zu gehorchen. Wir müssen unter Gebet anstreben, in unserem Glauben gehorsam zu sein und uns gerne unterzuordnen. Unser Ziel ist es, von ganzem Herzen gehorsam zu sein in der Liebe, treu zu sein im Gebet und einen kindlichen Glauben zu wahren, der ganz in der Abhängigkeit von ihm verwurzelt ist. Je mehr wir das Wort Gottes im täglichen Glaubensgehorsam in die Praxis umsetzen, desto mehr wird Gott unsere Gaben für seinen Dienst und für weitere Praxis vermehren. Wenn der Geist unser Gewissen erleuchtet, dass wir das gelesene Wort „tun“, haben wir auch den großen Vorteil, dass wir sicher sein können, dass wir den Glauben besitzen.

Das bedeutet, dass wir uns selbst anhand dessen, was wir lesen, prüfen müssen. Wenn du zum Beispiel Sprüche 3,5 liest: „Vertraue auf den HERRN mit deinem ganzen Herzen und stütze dich nicht auf deinen Verstand!“, dann halte inne und frage dich: Vertraue ich aus Gnade auf den Herrn? Welche Bereiche meines Lebens übergebe ich nicht an ihn? In welchen Bereichen setze ich diesen Text nicht in die Praxis um, sondern verlasse mich stattdessen auf meinen eigenen Verstand? Dann kehre um und wende dich im Gebet an Gott, bitte ihn um Vergebung und um die Kraft zur Veränderung.

Gebet

Das Gebet ist bei der Lektüre der Heiligen Schrift unerlässlich, denn wir sind auf den Heiligen Geist angewiesen, damit er uns erleuchtet, uns Verständnis schenkt und das Wort Gottes auf unsere Seele und unser Leben anwendet. Bete, bevor du die Bibel liest, während du sie liest, und nachdem du sie gelesen hast. Beim öffentlichen Lesen der Heiligen Schrift ist es nicht möglich, nach jedem Vers innezuhalten und zu beten. Bei der privaten Lektüre kann man die Heilige Schrift immer wieder mit kurzen, eindringlichen und zutreffenden Anliegen versehen, die durch die jeweiligen Verse angeregt werden.

Wenn wir bei jeder Mahlzeit darum beten, mit allem versorgt zu werden, was wir brauchen, sollten wir dann nicht viel mehr um geistliche Versorgung für jede Bibellese beten? Wenn wir es nicht wagen, unser Essen und Trinken zu berühren, bevor wir beten, wie können wir es dann wagen, Gottes heiliges Buch – unser geistliches Essen und Trinken – ohne Gebet zu berühren?

Wenn die Bibel in uns Raum gewinnen soll, müssen wir in sie hineintauchen. Charles Spurgeon sagte: „Abtrünnige beginnen mit staubigen Bibeln und enden mit schmutzigen Kleidern.“[4] Lies und studiere die Bibel, um weise zu sein; glaube ihr, um sicher zu sein; praktiziere sie, um heilig zu sein. Halten dich an sie, bis sie sich an dir hält.

Auszug aus dem Puritan Reformed Journal – Januar 2016; Jahrgang 8 – Nummer 1

Von Joel Beeke

Zum Bibelleseplan

[1] Blanchard, Complete Gathered Gold, S. 60.

[2] Blanchard, Complete Gathered Gold, S. 59.

[3] Blanchard, Complete Gathered Gold, S. 60.

[4] Blanchard, Complete Gathered Gold, S. 62.

https://www.3lverlag.de/kategorien/1834-ein-gott-geweihtes-leben.html

 

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner