Wie sollen wir Säkularismus in der Gemeinde bekämpfen?


Was den Säkularismus betrifft, so ist das Heilmittel geistlich und innerlich, nicht fleischlich oder äußerlich. Die Aufstellung einer Reihe von menschengemachten Verboten und die Forderung, dass Christen sich daran halten, wird Geist und Herz nicht verwandeln, die Wege dieser Welt nicht aus der Kirche heraushalten und die Denkweise des Säkularismus nicht vom Christen fernhalten.

Das soll nicht heißen, dass wir vom Säkularismus nichts zu befürchten haben. Die traurige Geschichte der falschen Kirche sowohl im Alten als auch im Neuen Testament legt ein überführendes und herzzerreißendes Zeugnis von den Übeln ab, die sich aus der Anpassung an die Welt ergeben. Die Propheten konfrontierten Israel mit seiner Untreue, weil es die Wege der Nationen um sich herum übernahm. Das Belgische Bekenntnis ist berühmt für seine prägnante Darstellung der Kennzeichen der wahren Kirche. Seiner Darstellung der falschen Kirche wurde weniger Aufmerksamkeit gewidmet:

Die falsche Kirche schreibt sich, ihren Einrichtungen und ihren Überlieferungen eine höhere Autorität zu als dem Wort Gottes; sie unterwirft sich nicht dem Joch Christi; sie verwaltet auch die Sakramente nicht, wie Christus in seinem Wort vorgeschrieben hat, sondern sie fügt ihnen willkürlich etwas hinzu, oder entzieht ihnen Teile davon. Sie verlässt sich weit mehr auf Menschen als auf Christus und verfolgt diejenigen, die ihr Leben nach der Vorschrift des Wortes Gottes heilig führen wollen und die die Fehler, Habsucht und den Götzendienst der falschen Kirche rügen. (Art. 29)

Die Verfasser des Bekenntnisses hatten eindeutig den traurigen Zustand der christlichen Kirche in Europa am Vorabend der Reformation im Sinn. Was war schiefgelaufen? Wie konnte diese große historische Kirche zu einer falschen Kirche werden?

Die Veränderung vollzog sich:

  • indem sie die Verachtung der Welt für die Autorität des Wortes Gottes übernahm;
  • indem sie sich wie die Welt weigerte, sich dem Joch Christi zu unterwerfen
  • indem sie die Verhaltensweise der Welt übernahm, sich aus den Ordnungen Christi das herauszupicken, was ihr gefällt, und mit ihnen zu tun, wie es ihr gefällt;
  • indem sie sich auf die Macht des Schwertes verließ, das von vatikanfreundlichen Königen und Fürsten geschwungen wurde, und sich in die Tagespolitik einmischte, während sie gleichzeitig die wirklich geistlichen Anliegen und moralischen Fragen der Zeit ignorierte;
  • indem sie, wie die Welt ,das Vorbild und den Rat derer verachtete, die sich für ihre Reformation einsetzten, und diese mit schwerer Verfolgung zum Schweigen brachte, und
  • indem sie, wie die Welt, in ihren schlimmsten Sünden verharrte.

Insgesamt war die vorreformatorische Kirche so weit gesunken, dass sie sich weitgehend der Welt angepasst hatte, genauso dachte wie die Welt und so handelte wie die Welt. Es ist auch eine gut belegte Tatsache, dass auf die Anpassung der institutionellen Kirche an die Welt dieselbe Anpassung ihrer Amtsträger und Mitglieder folgte.

Auf fast jeder Seite des Neuen Testaments finden wir Ermahnungen, die sich als Gegenmittel für säkulares Denken und säkulares Leben erweisen. Das wirksamste Gegenmittel und das sicherste Gegengift gegen die Liebe zur Welt wird im Judasbrief beschrieben: „Ihr aber, Geliebte, erbaut euch auf eurem heiligsten Glauben, betet im Heiligen Geist, erhaltet euch in der Liebe Gottes, indem ihr die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus erwartet zum ewigen Leben.“ (V. 20-21)

Judas gibt uns eine vierfache Anweisung:

Erstens: Auf unseren heiligsten Glauben zu bauen. Das heißt, dass unsere Grundüberzeugungen als Christen die Plattform oder das Fundament darstellen, auf dem wir bauen können. Dies gelingt uns, indem wir im Gehorsam gegenüber Christus leben und unser Leben so weit wie möglich mit dem Glauben in Einklang bringen, den wir bekennen. Als Hirten/Pastoren müssen wir auf die Gnade vertrauen, wenn wir am Haus Gottes bauen und die gesunde Predigt und Lehre gehen Hand in Hand mit einem geheiligten Leben. Unsere Lehre muss unser Leben prägen, und unser Leben muss unsere Lehre schmücken. „Derjenige predigt am besten, der am besten lebt“, schrieb John Boys. Wir müssen das sein, was wir predigen und lehren, indem wir uns nicht nur auf unsere Texte beziehen, sondern unsere Texte auf uns selbst beziehen. Unsere Herzen müssen die Abschriften unserer Predigten sein. [1] Andernfalls gilt gemäß John Owens die Warnung: „Wenn ein Mensch aufrecht lehrt und gekrümmt geht, wird in der Nacht seines Lebens mehr einstürzen, als er am Tag seiner Lehre aufgebaut hat.“

Um uns im heiligsten Glauben zu erbauen, müssen wir eine umfassende, vielfältige und persönliche Bekanntschaft mit Gott anstreben, die vor allem durch das Gebet und die geistlichen Übungen für unsere Seele und unser Leben verwirklicht wird. Jeden Tag müssen wir für uns selbst in der Heiligen Schrift lesen, persönlich beten und nachsinnen und Gemeinschaft mit Gläubigen haben. Wir erbauen uns auch, wenn wir einen gottgefälligen Sabbat halten, Predigten anderer Prediger lesen und hören, evangelisieren und anderen dienen, unsere Zeit und unser Geld gut verwalten und uns bemühen, in jedem Bereich unseres Lebens auf dem Königsweg der Heiligkeit zu wandeln.

Zweitens, im Heiligen Geist zu beten. Das heißt, den Kern dessen zu erfassen, was es bedeutet, auf Gott zu vertrauen. Dies zeigt sich in einem Leben in Einheit und Gemeinschaft mit Christus, in dem sich unsere Herzen öffnen, um den Geist in seiner Fülle und Kraft als den Geist Christi zu empfangen und sich auf seine Führung und unterstützende Kraft als den Geist des Gebets zu verlassen. Unsere puritanischen Vorväter sind ein bemerkenswertes Beispiel dafür. Sie entwickelten sowohl in ihrem persönlichen Leben als auch in ihrem Dienst eine tiefe Abhängigkeit vom Heiligen Geist. Sie spürten deutlich die Reichweite einer echten Bekehrung und wussten, dass sie nicht in der Lage waren, irgendjemanden zu Christus zu führen. Thomas Watson schrieb: „Die Diener klopfen an die Herzen der Menschen, der Geist kommt mit einem Schlüssel und öffnet die Tür“. [2] Diese Erkenntnis führte dazu, dass die puritanischen Hirten/Pastoren mit Gott rangen, sie waren Männer, die gewohnheitsmäßig im und durch den Heiligen Geist beteten. Der Puritaner Robert Traill betonte, dass der Hauptgrund, warum einige Pastoren mit gewöhnlichen Gaben mehr von Gott gebraucht wurden als einige Pastoren mit außergewöhnlichen Gaben, darin lag, dass sie mehr „im Heiligen Geist“ beteten. Traill schloss daraus: „Viele gute Predigten gehen verloren, weil im Studieren nicht viel gebetet wird.“ [3]

Drittens, uns in der Liebe Gottes zu erhalten. Das heißt, als Gefangene dieser Liebe zu leben, immer unter dem wachsamen Auge des Vaters, beschützt durch die Kraft und Macht unseres Erlösers Jesus Christus und getröstet durch die Ausgießung der Liebe Gottes in unseren Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben wurde. Wie Paulus muss uns die Liebe Christi in unserem persönlichen Leben und in unserer Verkündigung und Seelsorge beherrschen (2Kor 5,8-15). Die Liebe Gottes muss unser größter Antrieb im Leben sein. Sie muss unsere Seelen, unseren Mund und unser Leben erfüllen. Sie muss der Motor sein, der all unser Tun in Bewegung setzt.

Viertens: die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus zum ewigen Leben zu erwarten. Barmherzigkeit ist ein biblisches Synonym für Gottes Gnade, Liebe und Mitgefühl. Wir beginnen das christliche Leben durch die Barmherzigkeit Gottes, und wir gehen im christlichen Leben voran durch die Barmherzigkeit Gottes. „Wer aber ausharrt bis ans Ende, der wird gerettet werden“ (Mt 24,13). Angesichts der entschlossensten Feindseligkeit gehen wir weiter in der Hoffnung, dass Gott sich zu gegebener Zeit erheben wird und seine Feinde zerstreut werden (Ps 68,2). Er hat uns den Sieg geschenkt durch unseren Herrn Jesus Christus und uns den Zugang zu der Gnade gegeben, die wir brauchen, um in der Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes zu stehen und uns darin zu freuen.

Wenn wir durch Gottes Gnade die Wahrheit Gottes, wie sie in seinem Wort geoffenbart ist, zur Grundlage unseres Glaubens und zu unserer Lebensregel machen und uns in der Kraft des Heiligen Geistes dem Gebet widmen, wenn wir uns ein Gefühl für die Größe und das Wunder der Liebe Gottes zu uns und seiner Barmherzigkeit uns gegenüber in Christus bewahren, dann werden wir nichts von der Feindseligkeit der Welt zu befürchten haben. Wenn wir auf Gott vertrauen, auf sein Wort hoffen und nach seinen Geboten wandeln, werden wir verwandelt, in unserer Denkweise erneuert und in unserem Leben fruchtbar gemacht, so dass wir uns vor der ganzen Welt als Kinder Gottes und als Nachfolger Christi erweisen.Se

Auszug aus dem Puritan Reformed Journal – Januar 2015; Jahrgang 7 – Nummer 1

Von Joel Beeke

[1] Gardiner Spring, The Power of the Pulpit (Pelham, Ala.: Solid Ground Christian Books, 2009), S. 154.

[2] Thomas Watson, A Body of Divinity (Edinburgh: Banner of Truth Trust, 1957), S. 154.

Erschienen 3L Verlag 2015 – Darlegung der christlichen Lehre und ihre Anwendung

 https://www.3lverlag.de/kategorien/513-vorschau-darlegung-der-christlichen-lehre-und-ihre-anwendung.html

[3] Robert Traill, Works of Robert Traill (Edinburgh: Banner of Truth Trust, 1975), 1:246.

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